imago Namensgedicht

(N)immer satt
Es war einmal ‘ne Raupe, die ward nimmer satt-
sie lebte, ohne viel Genuss,
im Überfluss,
für sie war selbstverständlich:
mein Baum, der ist unendlich!
und eh sie sich’s versah,
kaum merkend wie’s geschah,
beraubte sie den Baum auf dem sie saß
während sie fraß
-um jedes einzelne Blatt.

Sie fühlte sich recht bald wie ein aufgeblasener Ballon-
jedoch (und das ärgerte sie sehr)
für Bewegung viel zu schwer;
sie konnte den Baum nicht mehr verlassen,
und fand’s selbst recht schwer zu fassen,
warum sie die Gefahr nicht früher erkannt
und sogleich gebannt;
und da sie sich grämte
und unfassbar schämte
-verkroch sie sich in einen Kokon.

Es dauerte nicht lang bis ihr die Sinne schwanden-
ihr Körper, so sagt man, doch keiner war dabei
wurde bald zu Brei;
da begannen Imago-Zellen zu erwachen
und einen Immunkampf zu entfachen,
sie waren zwar in der Minderheit,
doch teilten die Vision einer bunteren Zeit,
sie fingen an gemeinsam zu vibrieren
und konnten bald schon triumphieren
-ein Schmetterling war entstanden.

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Und für den, der mir sagt: „Lass die Geschichten von verfressenen Raupen ruh’n,
sie haben ja schließlich mit mir nichts zu tun“
möchte ich verändern ein paar kleine Sachen
um sich einen neuen Reim drauf zu machen:

Es gibt eine Gesellschaft, die wird nimmer satt-
sie lebt, ohne viel Genuss,
im Überfluss,
für sie ist selbstverständlich:
die Ressourcen sind unendlich!
und eh sie sich’s versieht,
kaum merkend wie’s geschieht,
beraubt sie die Welt zu der sie gehört
und sie dennoch zerstört
-und macht die eigene Zukunft platt.

Nun könnten wir uns grämen
und unfassbar schämen,
doch verkriechen in einem Kokon
heißt bei uns: alles bleibt wie zuvor…
Doch wenn wir wie die Imago-Zellen
uns eine florierende Zukunft vorstellen,
wenn wir gemeinschaftlich agieren
können wir schließlich zelebrieren;
Denn aus der Vision einer Minderheit
kann sich entpuppen ‘ne buntere Zeit.

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Es wird einmal ‘ne Raupe, die sei immer satt,
sie lebe mit Genuss,
an einem Fluss,
für sie sei selbstverständlich:
mein Dank, der ist unendlich!
Denn eh sie sich’s versehe,
kaum merkend wie’s geschehe,
beschenke sie der Baum auf dem sie säße
und die Zeit vergäße
-mit einem leck‘ren Blatt.

Mala, 15.1.2016